Daniel Küblböck im Fokus: Das turbulente Leben von Lana Kaiser
Daniel Küblböck wurde einst durch „Deutschland sucht den Superstar“ berühmt. Das mysteriöse Ableben von Lana Kaiser bewegt heute ganz Deutschland.

Mit nur 17 Jahren trat Lana Kaiser, die zu dieser Zeit noch unter ihrem bürgerlichen Namen Daniel Küblböck bekannt war, im Jahr 2002 in der allerersten Staffel der RTL-Castingshow „Deutschland sucht den Superstar“ auf – und schaffte es dort bis auf den dritten Rang. Über Jahre hinweg erlangte sie enorm viel Medienpräsenz. Ihr mysteriöses Verschwinden und das damit verbundene Ende des Lebens unter ihrer wahren Identiät beschäftigt die Öffentlichkeit noch heute. Doch wer war Lana Kaiser wirklich? Und wie viel Tragik steckte in ihrem Leben? Soundground versucht dir einen Überblick zu verschaffen.
Hinweis: Dieser Artikel handelt von einer Person, die sich kurz vor ihrem Ableben als Transperson sichtbar machte. Da die meisten Leute sie noch aus der Zeit kennen, in der sie noch als Daniel Küblböck auftrat, werden hier unterschiedliche Namen und Pronomen verwendet.
Beginnen wir am Anfang.

Die schwierige Kindheit von Daniel Küblböck
Daniel Dominik Küblböck wurde am 27. August 1985 in Hutthurm, Niederbayern, geboren. Seine Wurzeln lagen sowohl in Deutschland als auch in Italien. Daniels Kindheit scheint alles andere als einfach gewesen zu sein. In seinem Buch „Ich lebe meine Töne“ schilderte er: „Ich bin 15 Mal umgezogen. Mama war sieben Mal verheiratet. Ich habe sehr an meinem Vater gehangen. Ich habe als Scheidungskind unter diesem Hin und Her gelitten. Von meiner Oma wurde ich weggerissen.“ Doch damit noch nicht genug. Er warf seiner Mutter Bianca sogar häusliche Gewalt vor und erinnerte sich an einen der Vorfälle im Buch: „Ich springe auf mein Bett. Ich will ihr ausweichen, aber wohin? Sie legt die Finger um meinen Hals. Beginnt mich zu schütteln und zu würgen. Mama schreit: ‚Du bist nicht mein Kind! Du sollst nicht mein Kind sein!‘“ Angeblich habe seine Mutter lieber eine Tochter gewollt. Immer wieder soll sie zu ihrem damaligen Sohn gesagt haben: „Du bist und du wirst auch nichts werden.“ Gegenüber BILD bestritt Daniels Mama die Vorwürfe. Trotz aller Schwierigkeiten in der Familie fühlte er sich schon früh auf Bühnen wohl und machte sogar eine Tanzausbildung. Nach dem Hauptschulabschluss begann er im September 2001 eine Ausbildung zum Kinderpfleger.
Doch plötzlich änderte sich sein Leben von einem Tag auf den anderen.

Daniel Küblböck gelang mit „Deutschland sucht den Superstar“-Teilnahme der Durchbruch
Küblböck unterbrach seine Ausbildung und nahm an der ersten Staffel von „Deutschland sucht den Superstar“ (DSDS) teil und wurde über Nacht zu einem gefeierten Star. Seine schulterlangen Haare, die knallbunten Outfits und emotionalen Auftritte sorgten für eine Menge Aufsehen. Das größte Gesangstalent hatte er zu der Zeit zwar nicht, aber dafür die Sympathien der Konkurrent*innen, Jury und die der Zuschauer*innen, sodass er schlussendlich den dritten Platz belegte. Das änderte jedoch nichts an seinem Erfolg. Mit seiner Debüt-Single „You Drive Me Crazy“ stürmte der Musiker, der von der Öffentlichkeit damals als „Paradiesvogel“ angesehen wurde, die Spitze der deutschen Single-Charts. 2004 belegte er bei „Ich bin ein Star – Holt mich hier raus!“ wieder den dritten Platz. Über die Jahre hinweg folgten weitere Projekte wie der Film „Daniel, der Zauberer“, der „Super-Dan“-Comic sowie Teilnahmen an Formaten wie „Big Brother“, „Das perfekte Promi-Dinner“ und „Let's Dance“.
Ein Vorfall sorgte schon ziemlich früh für Aufsehen.

Daniel Küblböck musste sich vor Gericht verantworten
Am 24. Februar 2004 war der Sänger in einen schweren Unfall bei Pfarrkirchen in Niederbayern verwickelt – obwohl er zu diesem Zeitpunkt noch keinen Führerschein besaß. Das Auto, in dem er gemeinsam mit zwei Bekannten unterwegs war, kollidierte mit einem Lastwagen. Die Feuerwehr musste Daniel aus dem Wrack befreien, bevor der Notarzt ihn direkt vor Ort in Narkose versetzte und per Rettungshubschrauber ins Klinikum Passau bringen ließ. Dort wurde er an der linken Hand und der rechten Schulter operiert. Zusätzlich zog sich der Musiker eine Kopfverletzung zu, die eine sichtbare Narbe hinterließ. Für Aufsehen sorgte der Krankenhausbesuch von Thomas Gottschalk, der damit auch eine verlorene „Wetten, dass..?“-Saalwette einlöste. Im Juni desselben Jahres wurde Daniel Küblböck nach Jugendstrafrecht verurteilt: Er musste 25.000 Euro zahlen und acht Stunden gemeinnützige Arbeit leisten. Wenig später legte er seine Fahrprüfung ab und erhielt den Führerschein.
Über die Jahre hinweg veränderte sich Daniel Küblböck optisch sowie gesanglich und lebte einen anderen Lifestyle. Ein Ereignis sorgte 2011 medial für Aufsehen.
Daniel Küblböck wurde von wohlhabender Immobilienbesitzerin adoptiert
Im Jahr 2011 wurde Daniel Küblböck, der mittlerweile nach Mallorca ausgewandert war, von der damals 70-jährigen Millionärin Kerstin Elisabeth Kaiser adoptiert. Er nahm auch ihren Nachnamen an. In der Dokumentation „Die Küblböck-Story – Eure Lana Kaiser“ spricht ihr Ex-Partner Robin Gasser über die besondere Beziehung zwischen den beiden. „Kerstin war die Person, die Daniel zum ersten Mal gezeigt hat, was Familie bedeutet. Sie war primär stolz auf ihn, weil er der Mensch ist, der er eben ist, einfach dieses ‚Ich bin stolz, deine Omi zu sein‘“, erinnert sich der Hairstylist an das Verhältnis der beiden zurück. Kneipenbesitzerin Brigitte von Wnuck-Lipinski, besser unter dem Namen Gitti bekannt, die mit Daniel befreundet und bei der der Künstler häufig zu Besuch war, holt noch weiter aus: „Da hing sein ganzes Herz dran und die waren auch sehr verbunden. Und Omi musste zu jedem Konzert anreisen. Da hat er drauf bestanden.“ Auch Olivia Jones konnte das besondere Band zwischen dem Sänger und der Millionärin spüren: „Die Kultoma war sie für uns. Die beiden passten super zusammen, weil die beiden so ein großes Herz haben und die haben sich irgendwie gesucht und gefunden. Wenn die sich angeguckt haben, haben die gestrahlt.“
Dass Daniel Küblböck eine schwere Kindheit gehabt hat, solltest du bereits mitbekommen haben. Aber ein trauriges Familiengeheimnis kennt heute kaum jemand.

Daniel Küblböcks Bruder verstirbt an Überdosis
Nur wenige werden wahrscheinlich wissen, dass Daniel Küblböck einen Bruder hatte. Michael Küblböck saß wegen schwerer Körperverletzung und Widerstand gegen Polizeibeamte in Haft, als sein Bruder bei DSDS auftrat. Den Kontakt hatte Daniel abgebrochen. Im Januar 2013 erhielt er jedoch die Schocknachricht: Sein Bruder, der mittlerweile aus dem Gefängnis gekommen und ein Neonazi mit einem Hakenkreuz-Tattoo auf dem Arm war, wurde mit gerade einmal 28 Jahren leblos in seiner Berliner Wohnung aufgefunden. Er verstarb an einer Drogenüberdosis. Obwohl der Musiker keinen Kontakt mehr zu seinem großen Bruder hatte, äußerte er sich gegenüber BILD bestürzt: „Ich bin traurig über den Tod meines Bruders. Ich habe so sehr gehofft, dass er auf die Beine kommt. [...] Ich wünsche ihm, bei Gott im Himmel, seinen ewigen Frieden.“
Neben seiner Adoptivmutter gab eine andere Person Daniel Küblböck Halt.

Ex-Freund Robin Gasser gesteht: „Ich habe Daniel bedingungslos geliebt!“
2014 machte Daniel Küblböck seine erste Beziehung zu einem Mann öffentlich. Sein Freund war Robin Gasser, der in der ARD-Doku „Die Küblböck-Story – Eure Lana Kaiser“ an seine Partnerschaft zu dem Sänger zurückdenkt. „Wir waren sehr leidenschaftlich in unserer Beziehung“, erinnert er sich zurück. Außerdem packt er aus: „Er [Daniel Küblböck] hatte so Lust auf dieses Leben, das er lebt und er hat sich selbst für dieses Leben auch geliebt und ihm hat sein Leben so Spaß gemacht. Und das habe ich an ihm bewundert.“ Obwohl sich das Paar eine gemeinsame Wohnung in Berlin nahm, pendelte der Musiker zwischen Mallorca und Berlin hin und her. Über drei Jahre führten sie eine Fernbeziehung. Doch aufgrund der Schauspielausbildungen an unterschiedlichen Standorten entschieden sich die beiden eines Tages, getrennte Wege zu gehen. Eine Freundschaft blieb jedoch bestehen. Vor der Kamera gesteht Robin: „Ich habe niemanden mehr so lieben können, wie ich Daniel geliebt habe. Ich habe ihn in dem Sinne bedingungslos geliebt, dass wir einander einfach angenommen haben. Das war eine sehr gesunde Liebe.“
Das Schauspielstudium sollte einen „Schlüsselmoment“ in Küblböcks Leben darstellen.
Daniel Küblböck wird während Schauspielstudium gemobbt – und verändert sich
Daniel Küblböck entschied sich 2015 für ein Schauspielstudium am Europäischen Theaterinstitut Berlin (ETI). Ex-Freund Robin Gasser bezeichnet dieses Studium als „Schlüsselmoment“, hält er in der Doku „Die Küblböck-Story – Eure Lana Kaiser“ fest. „Das muss irgendein Wendepunkt in seinem Leben gewesen sein und ich weiß nicht, was dort vorgefallen ist“, gibt er an. Olivia Jones scheint da ein wenig mehr zu wissen. „Ich weiß nur, dass er da [in der Schauspielschule] unter anderem gelitten hat, die ihn auch – in Anführungsstrichen – gemobbt haben und die ihn raus haben wollten, so wie er gesagt hat. Und dann hat er aber gesagt, dass er sich auf eine ganz besondere Rolle vorbereitet.“ Während der Proben zu „Das Leben auf der Praça Roosevelt“ machte Manuel Pilz, ebenfalls ein Ex-Freund des ehemaligen DSDS-Teilnehmers, eine spannende Beobachtung: „Daniel hat dann begonnen mir Fotos zu schicken, auf denen er keinen Bart trug. Und dann hat er mir Fotos geschickt, auf denen er plötzlich schon geschminkt war, weil er für seine Rolle geübt hat. Da habe ich mir noch gar nicht so viel gedacht.“
Doch die optische Wandlung scheint nicht die einzige Wendung in Küblböcks Leben gewesen zu sein.
Daniel Küblböck entwickelt Alkoholproblem – und randaliert offenbar
In der dreiteiligen ARD-Doku „Die Küblböck-Story – Eure Lana Kaiser“ erinnert sich Daniel Küblböcks ehemalige Kommilitonin Friederike Dörr: „Je näher wir dem Abschluss gerückt sind, desto herausfordernder wurde die Zusammenarbeit. Dass er öfter nicht nüchtern zu Proben aufgetaucht ist. Dann konnte man nicht arbeiten. [...] Das war dann irgendwann auch wirklich besorgniserregend.“ Auch Olivia Jones fiel sein zunehmender Alkoholkonsum auf. Jedoch habe Daniel die Besorgnis immer heruntergespielt. „Im Nachhinein habe ich das Gefühl, dass er sich ein bisschen betäuben wollte“, gibt die Dragqueen an. Dörr erinnert sich an ein Vorkommnis an der Schauspielschule, als die Polizei gerufen wurde, da die Studierenden bemerkt haben, dass Kostüme und Co. zerstört wurden. Überwachungskameras sollen zeigen, dass Küblböck dahinter steckt. „Ich habe dann gedacht: ‚Gott, der hat eine richtig heftige Psychose.‘ Wenn das alles stimmt, dann hat er irgendwelche Stimmen gehört, weil ich mir das nicht erklären konnte“, erinnert sie sich weiter. Die Konsequenz: Daniel durfte nicht am Abschlussstück teilnehmen.
Auf einmal änderte sich alles.
Daniel Küblböck wird zu Lana Kaiser
Als Daniel Küblböck seiner Freundin Olivia Jones von dem abrupten Ende seines Schauspielstudiums erzählte, witzelte diese: „Zur Not kannst du bei uns auf St. Pauli noch als Flittchen arbeiten, weil wir natürlich diesen Humor hatten. Und dann hat er mir zurückgeschrieben ‚Du denkst gar nicht so falsch.‘ und hat mir ein Bild als Lana geschickt.“ Schnell wollte Lana Kaiser auch nur noch mit ihrem neuen Namen angesprochen werden, erinnern sich ihre Wegbegleiter*innen. Wenig später gab Lana in der Öffentlichkeit ihre neue Identität preis. Doch bevor sie überhaupt ihr Leben als Frau richtig führen konnte, endete es schlagartig, als sie plötzlich am 9. September 2018 vor der Küste Neufundlands über Bord gegangen war. Am 22. Februar 2021 wurde die gerichtliche Entscheidung getroffen, Lana Kaiser für tot zu erklären. Sie wurde nur 33 Jahre alt. Noch heute können ihre Fans das Geschehene nicht fassen.
Eine Person macht sich besonders viele Vorwürfe.

Olivia Jones macht sich Vorwürfe, Lana Kaiser nicht genug unterstützt zu haben
Olivia Jones lernte Lana Kaiser noch als Daniel Küblböck bei „Big Brother“ kennen. Sie führten lange eine enge Freundschaft. Doch kurz vor dem Verschwinden von Lana nahm der Kontakt immer mehr ab. Noch heute macht sich die Dragqueen Gedanken über den Verlauf, wie sie in „Die Küblböck-Story – Eure Lana Kaiser“ offenbart: „Er war schon sehr, sehr alleine ganz zum Schluss. Ich habe noch immer dieses Gefühl, dass ich mir Vorwürfe mache. Ich hätte das vielleicht eher mitkriegen müssen oder einfach nachhaken müssen, sensibler sein. Ich finde es auch wirklich schade, dass er sich da nicht hat helfen lassen – weder von Kerstin, von seinen Freunden, Fans oder von mir. Das ist wirklich traurig.“ Was passiert ist, kann leider nicht mehr ungeschehen gemacht werden. Lana Kaiser wird von vielen Menschen vermisst – vor allem von der queeren Community. Wenn sie eine Message hinterlässt, dann die, dass jeder Mensch die Identität leben darf, die sie fühlt.